NABU Ortsgruppe Hessigheim | 13.12.2024
Wenn die Tage kürzer werden und die Temperaturen sinken, müssen Lebewesen mithilfe verschiedener Strategien den Winter überstehen. Viele Vogelarten wie Kraniche oder Mauersegler ziehen in wärmere Gebiete. Kleine Säugetiere wie etwa Mäuse, bauen warme Nester oder leben unter der Erde, wo die Temperaturen konstant bleiben. Murmeltiere oder Bären fressen sich eine dicke Fettschicht an, die sie warm hält und genug Energie für einen langen Winterschlaf oder ihre Winterruhe liefert.
Eine weitere Strategie für die kalten Monate ist die Kältestarre, auch Kryobiose genannt. Das Forschungsfeld dieses Mechanismus nennt sich Kryobiologie und untersucht die Auswirkungen extrem niedriger Temperaturen auf Organismen, Gewebe und Zellen, insbesondere bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt.
Die besondere Überlebensstrategie der Kryobiose nutzt zum Beispiel der Waldfrosch. Als einzige Amphibie Amerikas lebt er nördlich des Polarkreises, weshalb er auch Eisfrosch genannt wird. Während sich andere Amphibien zum Überwintern in die Erde eingraben, fällt der Waldfrosch in eine Kältestarre. Seine Körpertemperatur sinkt mit der Außentemperatur und sein Stoffwechsel verlangsamt sich stark. Ab einer bestimmten Temperatur hört sogar sein Herz auf zu schlagen. In diesem Zustand reagiert der Frosch nicht mehr auf äußere Reize und ist kaum von einem leblosen Tier zu unterscheiden.
Dieser Prozess wird durch verschiedene Anpassungen ermöglicht. Der Waldfrosch produziert zunächst ein körpereigenes Frostschutzmittel, das seine Zellen und Organe schützt. Zusätzlich entzieht er seinen Zellen Wasser, um es gezielt außerhalb dieser Zellen gefrieren zu lassen, sodass die Eiskristalle die empfindlichen Zellen nicht zerstören. Bis zu 70 Prozent seines Körperwassers können einfrieren, wobei sich das gefrorene Wasser hauptsächlich in der Bauchhöhle sammelt, wo es weniger Schaden anrichtet. Im Frühling, wenn die Temperaturen wieder milder werden, taut der Frosch langsam auf, und alle seine Lebensfunktionen kehren vollständig zurück.
Weitere Perfektionisten der Kältestarre sind Rädertierchen. Normalerweise rudern die 0,1 bis 0,5 Millimeter kleinen Geschöpfe mit ihren winzigen Wimpern durchs Wasser und ernähren sich von Algen und Plankton. Vor 24.000Jahren wurden einige dieser Lebewesen im sibirischen Eis eingefroren.
Beim Schmelzen des Eises nach all den Jahren sind nun wieder einige zum Leben erwacht. Im Labor beobachtete man unter dem Mikroskop, wie sich die kleinen Mehrzeller teilten und vermehrten.
Rädertiere gelten als maximale Überlebenskünstler. Sie können neben extremer Trockenheit, langen Hungerperioden und Sauerstoffmangel nachweislich also auch permanente Kälte problemlos überstehen. Forscher wollen nun weitere Proben aus der Arktis nehmen. Sie erhoffen sich, Anhaltspunkte dafür zu finden, wie man Zellen, Gewebe und Organe auch von Menschen über eine längere Zeit konservieren könnte.